Zum Inhalt springen

Illegale Deportation

Deportation ukrainischer Kinder durch Russland

Von

Artikel teilen

Laut Dariia Gerassimtschuk, Angehörige der ukrainischen Regierung, beträgt die Zahl der von Russland illegal deportierten Kinder aus den besetzten ukrainischen Gebieten bei über 19.000. Die genaue Zahl der ausgewiesenen Kinder ist aufgrund der Besetzung der ukrainischen Gebiete schwer feststellbar. Russland selbst spricht nach einem Jahr Angriffskrieg von 5,3 Millionen aufgenommenen Menschen aus der Ukraine, worunter  738.000 Kinder sein sollen.

Der Bericht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gibt Auskunft über die Kinderrechtsverletzungen der ukrainischen Kinder und die zwangsweise Abschiebung nach Russland.

Russland führt die sogenannten Evakuationen aus Sicherheitsgründen in tief von Russland kontrollierte Gebiete, abseits des Kriegsgebiets durch.

Laut der OSZE schickt Russland die ukrainischen Kinder zu sogenannten Erholungslagern auf die besetzte Krym oder nach Russland. Jedoch werden die Kinder dann nicht zurückgebracht. 

In jene Lager wurden auch die Kinder von dem 40-jährigen Eugen Meschewy geschickt: die 13-jährige Matviy, die 10-jährige Svyatoslava und die 7-jährige Oleksandra.

Die Familie lebte zuvor in Mariupol. Als Russland die Ukraine angriff, versteckte sich Eugen zusammen mit seinen Kindern vor dem Beschuss im Keller. 

“Wir haben versucht, die Stadt zu verlassen, aber es gab keinen Transport. Die russischen Soldaten ließen den Treibstoff aus den Autos ab und zerstörten sie. Wir saßen im Keller. Am 7. April 2022 kamen zwei russische Soldaten und sagten uns, dass sie uns evakuieren würden. Sie brachten uns zu einem Kontrollpunkt, wo alle Dokumente und Sachen überprüft wurden. Einer der russischen Soldaten brachte meinen Kindern Brot und gebratenes Huhn. Der Kleine stürzte sich dann nicht auf das Fleisch, sondern zerrissen sofort das Brot.

Einer der russischen Soldaten brachte meinen Kindern Brot und gebratenes Huhn. Der Kleine stürzte sich dann nicht auf das Fleisch, sondern zerrissen sofort das Brot.
Eugen Meschewy

Wenn du siehst, wie deine Kinder heimatlos, dreckig und hungrig sind, willst du nur heulen”, erzählt Eugen Meschewy.

Im Anschluss wurde die Familie dann zur sogenannten Musterung geschickt, die Eugen nicht bestand. Seine Kinder wurden danach mit dem Bus abgeholt. Wohin sie gebracht wurden, wurde ihm nicht gesagt.

“Wir wurden zum Kinderheim in Donezk gebracht. Wir weinten und uns wurde erzählt, dass Papa für sieben Jahre weggebracht werde. Wir haben versucht ihn zu finden: Wir schrieben Zettel, die wir an Wände, Fenster und Türen hängten", so erzählt es Svyatoslava, Eugens Tochter.

Eugen wurde derweil in ein Gefängnis in Oleniwka übergeben, in dem er 45 Tage blieb. Als er es verließ, wusste er bereits, dass seine Kinder in Russland sind. 

Von den darauffolgenden Erlebnissen berichtet er: “Ich habe meine Dokumente zurückbekommen, doch es fehlten die Geburtsurkunden meiner Kinder. Mir wurde gesagt, dass sie aus Rostow nach Moskau in ein Lager gebracht wurden. Ich begann hysterisch zu werden. Ich schrie, dass ich meine Kinder sehen will. Mir wurde befohlen, zu schweigen. Mir wurde mit der  Rücksendung in das Gefängnis gedroht. 

Eugen wurde dann die Telefonnummer vom Sozialdienst der sogenannten Volksrepublik Donezk gegeben. Ihm wurde gesagt, er müsse nach  Nowoasowsk kommen. 

“Da habe ich gewusst, dass meine Kinder in einem Lager sind. Sie erzählten mir, dass sie 24 Tage dort bleiben müssen. Ich ging zurück nach Mariupol und sah mein verbranntes Haus. Danach lebte ich in Melekino bei Bekannten in einer kleinen Pension. Ich fand dort Arbeit und wartete auf meine Kinder. Über den Sozialdienst kam ich an die Telefonnummer vom Berater des Lagers, in dem meine Kinder untergebracht waren. So konnte ich einmal mit meinem Sohn sprechen", berichtet Eugen weiter.

Danach wurde Eugen der weitere Kontakt mit seinen Kindern verwehrt. Die Mitarbeitenden des Lagers ignorierten jeden erneuten Anruf von ihm. Jedoch schaffte es sein Sohn, selbst mit Eugen zu telefonieren. 

Und Eugen weiter: “Mein Sohn erzählte mir, eine Person von der Sozialfürsorge sei zu ihnen gekommen und sagte ihnen, dass sie nicht zurückgeschickt, sondern ins Kinderheim oder in eine andere Familie kommen sollen. Er erzählte mir, ich habe 5 Tage Zeit, um dies zu verhindern.”

Eugen besaß  kein Geld für eine Reise nach Moskau. Der dreifache Vater kontaktierte dann Freiwillige, die ihm halfen, nach Russland zu gelangen.

Darauffolgend erzählt er uns: “Ich teilte der Lagerleitung unmittelbar vor meiner Ankunft mit, dass ich meine Kinder abholen möchte. Andernfalls würden sie meine Kinder irgendwo anders hinschicken  und ich sie nie wieder finden. Das Gebiet, auf dem sich meine Kinder befanden, war umgeben von einem hohen Zaun, schmiedeeisernen Toren und wurde bewacht von bewaffneten Soldaten. Es sah gar nicht aus wie ein Lager, das geeignet sei, um Kinder darin unterzubringen". 

Eugen schaffte es letztendlich, seine Kinder aus dem Lager mitzunehmen. Im Anschluss daran, reiste die Familie weiter nach Lettland.

Nach Dariia Gerassimtschuk sind laut dem Stand im Juni dieses Jahres 373 ukrainische Kinder aus Russland zurückgekehrt. Laut ihr gibt es bisher keinen geeigneten Mechanismus für die Rückführung ukrainischer Kinder, da Russland sie nicht als inhaftiert, deportiert oder gewaltsam vertrieben anerkennt und  als „Evakuierte“ betrachtet.

Dariia Gerassimtschuk berichtet über die Rettungsaktionen der ukrainischen Kinder wie folgt: „Verhandlungen bedeuten, dass die Ukraine eine Person gegen eine andere eintauscht oder eine Vereinbarung trifft. Aber wir haben keine russischen Kinder. Demnach werden auch die 373 Kinder nicht durch Verhandlungen zu uns zurückkehren. Der gesamte Prozess wird derzeit manuell gesteuert, weshalb es so langsam vorangeht. Leider sprechen wir bei jedem Rettungsversuch von einer separaten Operation. So bleibt die Hoffnung bei uns, jedes unserer Kinder zu retten."

Neueste Artikel

Gruppe Wagner weltweit

Nach dem Tod von Jewgeni Prigoschin scheint die einst mächtige Wagner-Gruppe ohne klare Führung zu sein. Das könnte dazu führen, dass Russlands Einfluss in Afrika schwindet.

101,7 Prozent

KATAPULT Ukraine ist 2023 zwei weitere Male an die Front gefahren und hat Medikamente, Rollstühle und Nahrungsmittel übergeben. Das Projekt ist nun abgeschlossen. Unsere Hilfsfahrten werden trotzdem weitergehführt. Hier kommt der Transparenzbericht dazu.

Afrikanische Union suspendiert Niger

Die Afrikanische Union hat den Niger am Dienstag das zweite Mal von verschiedenen Institutionen und Aktivitäten ausgeschlossen. Die Union kann mit der Europäischen Union verglichen werden. Ein Ausschluss hat weitreichende wirtschaftliche und politische Nachteile.