KATAPULT Ukraine abonnieren! Rekapitulation  Charkiw als zweitgrößte Stadt des Landes, etwa 40 Kilometer entfernt von der russischen Landesgrenze, war von Beginn des Angriffes an von strategisch größter Bedeutung. Somit hatte die Stadt bereits innerhalb des ersten Kriegstages russische Soldaten vor ihren Türen und in den Folgetagen hunderttausende geflohene Zivilisten zu verzeichnen. Darauf folgend waren Teile der Region vorübergehend besetzt und es kam bis hin zu kurzzeitigen Gefechten in Vororten der Oblast-Hauptstadt. Es vergingen Wochen der Bombardierung auf jegliche Art von Gebäuden und Stadtgebieten. Darunter kamen unzählige zivile Einrichtungen unter Beschuss. Am 13. Juni gab Amnesty International dazu bekannt, dass sie sichere Beweise für den Einsatz von Streubomben und -Minen gefunden hätten. Demnach solle die russische Armee auch bei Angriffen auf die Stadt Charkiw jene eingesetzt haben. Die einzelnen “Bomblets” einer Streumunition können dabei in unterschiedlichen Zeitabständen explodieren. Es ist darüber hinaus möglich, dass sie sich über lange Zeit nicht selbst auslösen und somit langfristig, selbst nach Kriegshandlungen, noch eine Gefahr darstellen. Anfang Mai konnten ukrainische Truppen mithilfe von Gegenoffensiven die russische Armee Stück für Stück zurückdrängen, bis die Frontenverschiebung Mitte desselben Monats, kurz vor der gemeinsamen Staatsgrenze, abflachte.  Die Situation in Charkiw (Stadt) seit dem Pushback Derweilen ist es sehr ruhig in der Stadt, die normalerweise um die anderthalb Millionen Einwohner zählt. Fast nur die immer noch täglich und nächtlich vorkommenden Beschüsse und Explosionen brechen die Stille erheblich. Vor allem im nordöstlichen Stadtgebiet. Auf den Straßen im Zentrum begegnet man nur wenigen Menschen, die meistens sehr geräuscharm und kaum voneinander Notiz nehmend ihren Weg gehen. Auf vorbeifahrenden Verkehr braucht man auch wenig zu achten und an vielen Ecken könnte man das Gefühl bekommen, dass überall neue Fußgängerzonen errichtet wurden. Häuser stehen leer und Lebenszeichen aus Wohnhäusern kann man selten erkennen. Die Wirtschaft scheint äußerst langsam, aber doch allmählich zurückzukehren, sodass man offene Geschäfte aller Art nach wie vor zu suchen braucht. Was man hingegen überall antrifft, sind Zerstörung und allgegenwärtige Schäden, die das Stadtbild erheblich prägen –enn auch die großen Trümmerhaufen aus den Straßen weiträumig aufgeräumt worden sind.  Die Lage an der  Frontlinie um Charkiw herum hat sich an den meisten Orten stabilisiert und ist mit ausgehobenen Schützengräben wie auch durch den stärkeren Fokus auf die Gebiete um Sjewjerodonezk und Isjum weiter östlich scheinbar etwas festgefahren. Starke, tägliche Auseinandersetzungen und Bewegungen sind hauptsächlich im nordöstlich der Stadt gelegenen Gebiet bei Ternova zu verzeichnen. Im Kampfgebiet östlich der Stadt wird das Gefecht von dauerhaftem Artilleriebeschuss dominiert. In der Region kommt es im Luftraum mitunter zu Überflügen russischer Kampfhubschrauber, kombiniert mit fortwährender Drohnen-Präsenz. Der Alltag jener Bevölkerung, welche ihre Heimat trotz des Gefechtes nicht verlassen wollten, ist beschwerlich und von andauernder Ungewissheit ummantelt. Und dennoch wird versucht, sich nicht mehr länger von der Gefahr und grollender Geräuschkulisse imponieren und das Dasein dadurch beeinflussen zu lassen. Es zeigt sich aus einem Interview mit ukrainischen Kämpfern, dass sie viel Unterstützung und wichtige Lieferungen von ehrenamtlichen Organisationen und Helfern aus dem Inland wie auch dem Ausland deutlich wahrnehmen können. So bekommen Soldaten wie auch die zivile Bevölkerung notwendige Nahrung durch Lebensmittellieferungen - geeignete Bekleidung und Ausrüstung für die Kampfzone und schwer benötigte, medizinische Beihilfe. Zusätzlich kann auch in dieser Region, die ansonsten unzulängliche Internetverbindung durch installierte Starlink-Stationen garantiert werden.  Aus der Frage heraus, was generell am dringendsten benötigt wird, waren starke Medikamente vor allem zur intensiven Schmerzlinderung und Tourniquets zur Verhinderung von Verblutung gefragt. Darüber hinaus gibt es zu wenige Fahrzeuge für den Krankentransport in den umkämpften Gegenden, wie auch Fortbewegungsmittel, die für den militärischen Zweck auf schwierigem Terrain entlang der Frontlinie einsetzbar sind.  Auch wenn die Gesamtsituation in der Stadt und Region Charkiw sich durchaus verbessert hat, gibt es aktuell noch kein absehbares Ende der Kampfhandlungen und die Stimmung bleibt angespannt.  Und während  in anderen Städten des Landes wieder viele Bewohner nach Hause zurückkehren und die Atmosphäre beleben, ist dies in Charkiw noch keineswegs spürbar.  Nach Analysen der letzten Tage scheint es vielmehr zur russischen Wiederaufnahme erneuter Offensiven zu kommen.